Kritik

Alessandra MONTALBETTI

Die lärmende Stille der Zeichen
In diesem Beitrag werden Sie nichts über Silvia Battistis Biografie finden, und auch keine Verweise auf ihren Hintergrund oder ihre Ausbildung, darüber können Sie alles in anderen Teilen dieses Kataloges lesen. Ich hingegen möchte gerne das beschreiben das passieren kann, wenn man die Bilder dieser Künstlerin anschaut. Auf den ersten Blick ist es einfach ein erstes Niveau in ihren Bildern zu entdecken, eine erste „oberflächliche Annäherung, weil unsere Augen ihre Materie streifen, eine reiche, sensuelle und dichte Materie, und von ihr eingesperrt werden, während unsere Hände ein beinahe fysisches Verlangen spüren, sie zu streicheln.“
Die Dimension der Werke dieser Künstlerin ist nicht gewaltig, und daher bilden wir uns um so mehr ein die Gefühle kontrollieren zu können die diese kleinen „Leinwände“, die wir in unseren Händen halten können, in uns verursachen. Doch dann, ganz allmählich, wenn wir das Glück haben um uns herum und in uns ein wenig Ruhe zu finden – was in unserem hektischen Leben ja beinahe eine Unmöglichkeit, in einigen Momenten jedoch eine Notwendigkeit ist – drängt sich langsam ein kleiner Zweifel in uns auf der uns dazu zwingt, anzuhalten, zurückzugehen und diese Werke erneut mit grösserer Aufmerksamkeit zu betrachten.

Dann werden wir entdecken dass diese Oberfläche, die uns gerade wegen ihres Reichtums angezogen hatte, uneben, durchlöchert, unterbrochen und von tausenden von kleinen Zeichen durchzogen ist, die innehalten und auf Hindernisse treffen, unerwartete diagonale und senkrechte Risse. Niemals waagrechte Risse, die uns aufgrund ihrer Ruhe dorthin zurückführen könnten wo wir aufgebrochen waren, und uns damit beruhigen. Auf der rechteckigen Leinwand öffnen sich unerwartete Dimensionen die uns beinahe tiefe Abgründe enthüllen, als ob die anfängliche Sicherheit einer Schönheit nichts weiter als vergänglich und äusserst illusorisch war. Die Künstlerin weiss dies genau, sie kennt diese Fallgruben und präsentiert sie uns, damit auch wir den Rausch der ersten Illusion spüren, die überhaupt nicht von der unglaublich harten Realität getrennt ist. Wenn die erste Ruhe erst einmal zerrissen ist, bemerken wir einen fernen Schrei der immer und immer näher kommt und immer lauter wird. Und wir sehen die präzisen Zeichen die sich kreuzen und einander verfolgen, als ob sie auf der Suche nach einem neuen Alfabet wären mit dem nicht versucht werden soll, uns einen neuen Sinn des Lebens näher zu bringen, sondern den alten, der immer galt, und den wir jeden Tag verloren haben und vielleicht wiederfinden können, wenn wir nur einmal innehalten würden, genauso wie die Künstlerin inngehalten hat.

Innegehalten um zu medietieren, nachzudenken, zu träumen, vielleicht davon wie sehr unsere heutige Sprache einer jeden Bedeutung entbehrt und ihre grundlegende Funktion verloren hat, so dass wir die Zeichen zwar erkennen, aber ihnen nicht mehr dieselbe Bedeutung beimessen. Während wir uns auf brutale Weise, wie etwa aufgrund von Kriegen und den Grausamkeiten die durch sie entstehen, vor einer pessimistischen Auffassung des Lebens, des Menschen und seinem bestialischen Verhalten wiederfinden könnten, überrascht uns die Künstlerin so auf’s Neue, weil sie uns durch ihre tiefe Menschlichkeit wenn schon nicht eine Strasse, so doch einen Pfad zu zeigen scheint der noch einen leichten Optimismus hervorbringen könnte. Sehen Sie sich zum Beispiel “Den Gesang ohne Stimme” oder lieber noch “Das Rot des Unendlichen an”, wo wir von Weitem beinahe noch die Stimme des italienischen Dichters Leopardi hören können mit der er seine Unendlichkeit beschreibt.

Vor unseren Augen entsteht eine zwar sehr kleine Mauer, die aber derartig kompliziert und düster ist, dass sie uns in einen klaustrofobischen Raum einschliesst. Doch werden wir die Entdeckung machen dass wir daraus ausbrechen können, weil dieser Raum innehält und es ihm nicht gelingt die Oberfläche vollständig auszufüllen. Jenseits dieser Wand sehen unsere Augen daher einen roten, intensen und leidenschaftlichen Himmel der unsere Gedanken stimuliert und neue Träume hervorruft.

Die Werke dieser Künstlerin scheinen also keinen Lärm zu machen da man, wie uns die Zen-Filosofie lehrt, von jeher nur in der Stille und in einer verkleinerten Dimension die Stimmen derjenigen hören konnte die uns ohne jeglichen Krach mit neuen Zeichen bei der Neuentdeckung unserer eigenene Seele leiten. Jetzt liegt es also an uns, allen Krach zu unterbrechen der uns umgibt, da, wie Shakespeare andeutet, “es nur von intelligenter Liebe zeugt, mit den Augen zu hören” (Sonett 23).

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